Buchbesprechung
Schuhe werden in Ausstellungen entweder als modisches Beiwerk betrachtet oder als funktionale Notwendigkeit, manchmal stehen auch ethnologische oder historische Aspekte im Mittelpunkt. Ganz anders in der Leipziger Schau, deren Katalog nun vorliegt. Es geht um den Schuh als „Designgegenstand mit autonomer Aussage“ (S. 6). Tragbarkeit ist kein Kriterium. Was zählt, sind außergewöhnliche Formgebung, aus dem Rahmen fallende Materialien und unkonventionelle Vorstellungen vom Schuh an sich. Manches Objekt ist von vornherein als eigenständige Kleinskulptur geplant oder als konzeptionelles Statement gedacht. Der Katalog versammelt Kreationen von Modedesignern, Architekten und Künstlern, darunter befinden sich so bekannte Namen wie Iris van Herpen, Viktor und Rolf und Zaha Hadid. Die meisten Modelle sind Unikate oder in Kleinserien hergestellt und für Galerien oder private Sammler bestimmt, nicht für den Modemarkt. Von dieser Regel gibt es nur wenige Ausnahmen. Dazu zählt der „Pink Poodle“ von Jeremy Scott, eine kuriose Kreuzung aus Turnschuh und Plüschtier. Dieser Schuh wird vom Sportschuhhersteller Adidas in ausgewählten Filialen vertrieben und genießt in einer bestimmten Szene Kultstatus.
Im knappen Vorwort konstatiert die Kuratorin der Ausstellung, Sabine Epple, eine Auflösung der Grenzen zwischen Design, Handwerk und Kunst. Sie nimmt eine zunehmende Akzeptanz für extremes Schuhwerk wahr. Dies sei Stars der Popkultur zu verdanken, die ihre Fußbekleidung ausschließlich danach aussuchten, was die größte Aufmerksamkeit garantiert. Die Designer avantgardistischer Schuhmodelle, die auf diese Weise bekannt werden, können sich ihres Erfolgs sicher sein.
Der Katalog ist in sechs Kapitel eingeteilt, die sich mit den Themenbereichen Zukunft, Ethik, Material, Architektur, Fetisch und Kunst befassen. Auf den professionellen Fotos sind fast 150 Schuhe abgebildet. Überwiegend handelt es sich um Paare, manchmal sind auch mehrere Einzelstücke auf einem Bild zu sehen. Die Aufnahmen nehmen jeweils Dreiviertel einer Seite ein und lassen Details gut erkennen. Jedes Foto ist mit einem kurzen informativen Text versehen, der Auskunft gibt über Name und Herkunft des Designers sowie das für den Schuh verwendete Material. Außerdem erfährt man etwas über die leitende Idee und über den Kontext, in dem die Kreation Verwendung findet. Das quadratische Format (23 cm) des sorgsam gestalteten Katalogs ist handlich. Am Ende befindet sich ein Index mit den Namen aller Designer, Künstler oder Label.
Wer einen Überblick über die Breite des heutigen Designspektrums bekommen möchte, ist mit dieser Publikation gut bedient.
Stadt Leipzig u.a. (Hg.): Starker Auftritt! Experimentelles Schuh-Design. Ausst. Kat. Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig. Bielefeld u. Berlin, Kerber, 2013. 168 S., ca. 140 farb. Abb. ISBN 978-3-86678-831-2
Titelbild: Modell von Iris Schieferstein, Angel Heart. Foto © Rose Wagner