Seit der Renaissance gehören florale Motive zu Florenz, und das Wappenzeichen der Stadt ist die Lilie. Bei besonderen Anlässen werden Fahnen mit der Florentiner Lilie durch die Stadt getragen. Die stilisierte Lilie findet sich überall: auf städtischen Gebäuden, dem Informationsmaterial der Tourismuszentrale und in allen Souvenirläden. Auch andere florale Muster sind in diesem Frühling auf den Straßen zu sehen.

Aufmarsch anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung am 25. April 2015. Foto © Rose Wagner

Stadtwappen beim Aufmarsch anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung am 25. April 2015. Foto © Rose Wagner

TouristInnen und Einheimische gleichermaßen zeigen sich in Kleidern, Röcken, Hosen, Taschen und Tüchern mit Blumenprints in allen Farben, realistisch, stilisiert und abstrakt.

Touristinnen beim Selfie vor dem Neptun-Brunnen. Foto © Rose Wagner

Touristinnen beim Selfie vor dem Neptun-Brunnen. Foto © Rose Wagner

Besonders zart und frühlingshaft wirken Drucke mit weichgezeichneten Blüten und Schmetterlingen auf weißem Grund.

Blüten und Schmetterlinge. Foto © Rose Wagner

Blüten und Schmetterlinge. Foto © Rose Wagner

Sie erinnern an die Flora-Tücher von Pucci, die der Illustrator Vittorio Accornero in den 1950er Jahren als Hommage an Fürstin Grazia Patrizia von Monaco für das Modehaus entwarf und die in modernisiertem Dessin im Shop des Gucci-Museums an der Piazza della Signoria über den Verkaufstisch gehen.

Bei Dolce und Gabbana stehen Blumenprints seit jeher hoch in Kurs. In diesem Frühjahr werden sie mit blockigen, grafischen Mustern in Schwarz-Weiß kombiniert, was ihnen jede Süßlichkeit nimmt und eine erfrischende Abwechslung im Blütenmeer bietet.

Schaufenster von Dolce und Gabbana in der Via degli Strozzi. Foto © Rose Wagner

Schaufenster von Dolce und Gabbana in der Via degli Strozzi. Foto © Rose Wagner

Zusammen mit halbhohen Leder-Boots und groben Stricksocken kann ein kurzer Hosenrock in anmutigem, frühlingshaftem Blütenprint durchaus exkursionstauglich wirken.

Kurzer Hosenrock mit Blumendruck. Foto © Rose Wagner

Kurzer Hosenrock mit Blumendruck. Foto © Rose Wagner

Eine besonders heitere Anmutung haben weit schwingende Röcke, denen Petticoats – nicht selten in Kontrastfarben – zusätzliches Volumen verleihen.

Petticoat mit Streublümchen-Muster auf dem Piazza Santa Croce. Foto © Rose Wagner

Petticoat mit Streublümchen-Muster auf dem Piazza Santa Croce. Foto © Rose Wagner

Sie nehmen den Rockabilly-Stil der 1950er Jahre auf und wirken trotzdem nicht gestrig, denn sie werden mit Jeansjacken kombiniert oder witzigen Accessoires, die signalisieren: „Hey, das ist nicht so ernst gemeint“. Die Weite der Röcke kommt mit Streublümchen und kleinen, stilisierten Blumenmustern am besten zur Geltung. Blumige Rockabilly-Röcke sind eine Aufforderung zur Kommunikation: „Einen solchen Rock hatte meine Mutter auch“.

Petticoat mit typisch stilisiertem Blumenmuster der 1950er Jahre auf der Via della Spada. Foto © Rose Wagner

Petticoat mit typisch stilisiertem Blumenmuster der 1950er Jahre auf der Via della Spada. Foto © Rose Wagner

Blumenprints sind keineswegs immer weich und sanft. Wenn das Muster groß ist und die farblichen Kontraste stark sind, wirken sie expressiv und dominant.

Großes Muster in starken Farben in der Via Calimala. Foto © Rose Wagner

Großes Muster in starken Farben in der Via Calimala. Foto © Rose Wagner

Das schönste Beispiel für ein anmutiges Blumenmuster in der abendländischen Kunst- und Modegeschichte ist das Gewand der Flora, der Botin des Frühlings, auf dem Gemälde La Primavera (1482) von Sandro Botticelli (1445-1510).

Sandor Botticellis La Primavera in den Uffizien, von TouristInnen umstanden. Foto © Rose Wagner

Sandor Botticellis La Primavera in den Uffizien, von TouristInnen umstanden. Foto © Rose Wagner

Es war dieses Kleid, das die Schneiderin und politische Aktivistin Rosa Genoni (1867-1954) inspirierte, einen eigenständigen Weg im italienischen Modeschaffen anzustreben. Nach einer Blüte in der Renaissance hatte die italienische Mode gegenüber der französischen an Einfluss und Vorbildcharakter verloren. Italienerinnen schauten im 19. Jahrhundert nach Paris und nicht mehr nach Florenz oder Mailand, wenn sie das Besondere suchten. Genoni setzte ihre beträchtliche Energie und ihr handwerkliches Geschick dafür ein, die Bildwelten der italienischen Renaissance in moderne Kleidung zu überführen.

Rosa Genonis La Primavera (1906) in der Galleria del Costume di Palazzo Pitti. Foto © Rose Wagner

Rosa Genonis La Primavera (1906) in der Galleria del Costume di Palazzo Pitti. Foto © Rose Wagner

Eines ihrer bekanntesten Modelle ist das reich bestickte Abendkleid La Primavera aus Seidenmusselin und Tüll. Das Blütenmuster vom Gewand der Flora auf Botticellis Gemälde wurde mit nahezu kalligrafischer Akkuratesse übernommen. Genonis La Primavera wurde auf der Weltausstellung 1906 ausgestellt. Heute ist es in der Dauerausstellung des Florentiner Modemuseums im Palazzo Pitti zu sehen.

Die Blumenmuster auf den Straßen von Florenz stechen aus der Einheitskleidung der internationalen TouristInnen heraus. Sie markieren einen Trend, doch noch bestimmen Skinny Jeans – oft in Destroyed Optik – und Foto-T-Shirts   das Straßenbild.