„Das Pepita-Virus – Herstellung und Verbreitung eines Stoffmusters“
Tuchmacher Museum Bramsche > 01.07. – 21.10.2012
Vielleicht hat ja Lady Gaga einen Pepita-Boom befördert. Im Herbst 2011 entzückte sie ihre Fans im großskalierten Pepita-Total-Look: Ferragamo-Seidenkleid, Tasche, Schuhe, Hut, Brille, Körperbemalung, selbst Klavier und Mikrofon wiesen das markante Muster auf. Auf der New York Fashion Week im Sommer 2012 brachten dann etliche Designer Modelle mit Pepita in Großmusterung auf den Laufsteg. Mittlerweile ist Pepita auf dem Konfektions-Massenmarkt angekommen. Jetzt fällt auf, dass es vorübergehend eine pepitalose Zeit gab. Das Muster taucht periodisch immer wieder auf, hält sich aber nie sehr lange. Eine Saison, vielleicht zwei, dann scheint eine Übersättigung einzutreten.
- Hahnentritt in einem Stockholmer Kaufhaus, September 2012
- Pepita und Hahnentritt in einem Kaufhaus in Münster, August 2012
- Moschino-Jäckchen in einem Stockholmer Auktionshaus, September 2012
Das Tuchmacher Museum in Bramsche – in der Nähe von Osnabrück – nimmt das neue Pepita-Revival zum Anlass für eine Ausstellung, die sich ausschließlich diesem Muster widmet.
Eine einheitliche Definition existiert selbst in der Fachliteratur nicht. Oft wird die Bezeichnung Pepita als Sammelbegriff für Kleinkariertes aller Art verwendet und bezieht das eng verwandte Hahnentrittmuster mit ein. Aus der Ferne betrachtet wirkt kleinkariertes Pepita unbestimmt und grau und wenig glamourös. In dieser Variante war es in der Nachkriegszeit häufig anzutreffen. Bis heute werden mit Pepita Eigenschaften wie Langeweile, Spießigkeit und zwanghafte Strukturiertheit assoziiert. Das ist allerdings bei den großgemusterten Spielarten nicht mehr der Fall. Die werden eher als wild und leicht schrill wahrgenommen. Es kommt auf die Skalierung an.
- Schiffchen mit Pepita-Garnitur, Deutsches Reich 1936. Foto © Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden
- Pepita-Kostüm um 1965
- Pepita-Hut Konrad Adenauers in der Ausstellung
Für die Ausstellung nahm die Kulturwissenschaftlerin und Mathematikerin Ellen Harlizius-Klück unter Verwendung diverser Musterbücher aus dem Museumsbestand eine Analyse vor. Danach ist beim Pepita „optisch (…) eine isolierte Form, ein vierzackiger Stern, vor einem netzartig verbundenen Hintergrund erkennbar“. Das Hahnentritt-Muster dagegen „besteht optisch aus einem Element in zwei Farben, wobei die schwarzen und weißen Formen identisch sind“.
Pepita und Hahnentritt zählen zu den ältesten bekannten Webmustern. Das wird auch durch den „Mantel von Gerum“ belegt, der auf die Zeit zwischen 360 und 100 v. Christus datiert wird. Es handelt sich um das älteste überlieferte Kleidungsstück Schwedens, das – vollständig erhalten – im Jahr 1920 in einem Torfgebiet in der Gemeinde Gerum in Südschweden gefunden wurde. Dieses wertvolle Textil aus Wollgarn ist im Hahnentrittmuster gewebt. In der Ausstellung kann man es in einer detailgenauen Reproduktion bestaunen. Das Original befindet sich im Historiska museet in Stockholm.
In Bramsche, der alten niedersächsischen Tuchmacherstadt, wurden bereits im 19. Jahrhundert Stoffe im Pepita- und Hahnentrittmuster hergestellt. Meist wählten die Weber kleine Muster in gedeckten Farben. Die Stoffe fanden vor allem für Herrenanzüge, Mäntel sowie Damenkleider Verwendung. Nach dem zweiten Weltkrieg ließ einer der führenden westdeutschen Hersteller von Damenoberbekleidung – „Inge-Kleider“ – ausschließlich in Bramsche produzieren. Lange Zeit betreute der Berliner Modedesigner Heinz Oestergaard die Inge-Kollektion. Der Original-Pepitastoff aus der Sommerkollektion von 1964 ist erhalten geblieben und liegt nebst diversen Modellskizzen für Kleider und Kostüme in der Ausstellung aus.
Das Muster hat längst seinen ursprünglichen textilen Bedeutungszusammenhang verlassen und ist auf viele Alltagsgegenstände übergesprungen, vor allem in gedruckter Form. Für die Ausstellung wurde eine bunte Sammlung solcher Objekte zusammengetragen, von der Kakaokanne über das Brillenetui bis zur Papierserviette.
Zur Ausstellung ist ein informativer Begleitband erschienen:
„Das Pepita-Virus. Herstellung und Verbreitung eines Stoffmusters“, herausgegeben vom Tuchmacher Museum Bramsche. Rasch Verlag, Bramsche 2012.
Text: © Rose Wagner, Zitate entnommen dem Begleitband
Fotos: © Rose Wagner soweit nicht anders angegeben
Überarbeitete Fassung der Erstveröffentlichung vom 22.09.2012 auf Netzwerk Mode Textil