Seit der Renaissance gehören florale Motive zu Florenz, und das Wappenzeichen der Stadt ist die Lilie. Bei besonderen Anlässen werden Fahnen mit der Florentiner Lilie durch die Stadt getragen. Die stilisierte Lilie findet sich überall: auf städtischen Gebäuden, dem Informationsmaterial der Tourismuszentrale und in allen Souvenirläden. Auch andere florale Muster sind in diesem Frühling auf den Straßen zu sehen.
TouristInnen und Einheimische gleichermaßen zeigen sich in Kleidern, Röcken, Hosen, Taschen und Tüchern mit Blumenprints in allen Farben, realistisch, stilisiert und abstrakt.
Besonders zart und frühlingshaft wirken Drucke mit weichgezeichneten Blüten und Schmetterlingen auf weißem Grund.
Sie erinnern an die Flora-Tücher von Pucci, die der Illustrator Vittorio Accornero in den 1950er Jahren als Hommage an Fürstin Grazia Patrizia von Monaco für das Modehaus entwarf und die in modernisiertem Dessin im Shop des Gucci-Museums an der Piazza della Signoria über den Verkaufstisch gehen.
Bei Dolce und Gabbana stehen Blumenprints seit jeher hoch in Kurs. In diesem Frühjahr werden sie mit blockigen, grafischen Mustern in Schwarz-Weiß kombiniert, was ihnen jede Süßlichkeit nimmt und eine erfrischende Abwechslung im Blütenmeer bietet.
Zusammen mit halbhohen Leder-Boots und groben Stricksocken kann ein kurzer Hosenrock in anmutigem, frühlingshaftem Blütenprint durchaus exkursionstauglich wirken.
Eine besonders heitere Anmutung haben weit schwingende Röcke, denen Petticoats – nicht selten in Kontrastfarben – zusätzliches Volumen verleihen.
Sie nehmen den Rockabilly-Stil der 1950er Jahre auf und wirken trotzdem nicht gestrig, denn sie werden mit Jeansjacken kombiniert oder witzigen Accessoires, die signalisieren: „Hey, das ist nicht so ernst gemeint“. Die Weite der Röcke kommt mit Streublümchen und kleinen, stilisierten Blumenmustern am besten zur Geltung. Blumige Rockabilly-Röcke sind eine Aufforderung zur Kommunikation: „Einen solchen Rock hatte meine Mutter auch“.
Blumenprints sind keineswegs immer weich und sanft. Wenn das Muster groß ist und die farblichen Kontraste stark sind, wirken sie expressiv und dominant.
Das schönste Beispiel für ein anmutiges Blumenmuster in der abendländischen Kunst- und Modegeschichte ist das Gewand der Flora, der Botin des Frühlings, auf dem Gemälde La Primavera (1482) von Sandro Botticelli (1445-1510).
Es war dieses Kleid, das die Schneiderin und politische Aktivistin Rosa Genoni (1867-1954) inspirierte, einen eigenständigen Weg im italienischen Modeschaffen anzustreben. Nach einer Blüte in der Renaissance hatte die italienische Mode gegenüber der französischen an Einfluss und Vorbildcharakter verloren. Italienerinnen schauten im 19. Jahrhundert nach Paris und nicht mehr nach Florenz oder Mailand, wenn sie das Besondere suchten. Genoni setzte ihre beträchtliche Energie und ihr handwerkliches Geschick dafür ein, die Bildwelten der italienischen Renaissance in moderne Kleidung zu überführen.
Eines ihrer bekanntesten Modelle ist das reich bestickte Abendkleid La Primavera aus Seidenmusselin und Tüll. Das Blütenmuster vom Gewand der Flora auf Botticellis Gemälde wurde mit nahezu kalligrafischer Akkuratesse übernommen. Genonis La Primavera wurde auf der Weltausstellung 1906 ausgestellt. Heute ist es in der Dauerausstellung des Florentiner Modemuseums im Palazzo Pitti zu sehen.
Die Blumenmuster auf den Straßen von Florenz stechen aus der Einheitskleidung der internationalen TouristInnen heraus. Sie markieren einen Trend, doch noch bestimmen Skinny Jeans – oft in Destroyed Optik – und Foto-T-Shirts das Straßenbild.