Seit Neuestem haben wir eine Katze. Sie heißt Mieze. Ein Gast aus Sankt Petersburg brachte sie zur Einweihung unserer neuen Wohnung mit. Er erzählte, dass es in Russland Sitte sei, Mietern beim Einzug in ihre neue Wohnung eine Katze zu schenken. Die sucht sich dann sofort den wärmsten Platz. So wissen die Bewohner, wo es sich in ihrem neuen Zuhause wohl sein lässt.

Unsere Mieze ist handgestrickt und mit zwei Augen-Knöpfen versehen, aus denen sie in die Welt schaut. „Was ist das denn für ein pinker Bär?“, fragte der IT-Techniker, der kürzlich bei uns zu tun hatte, als er das Puscheltier erblickte.

Mieze. Foto © Rose Wagner

Mieze. Foto © Rose Wagner

Als wir ihm erklärten, woher unsere Mieze kommt, sah er sie gleich mit anderen Augen an.

Dass es sich bei unserer Mieze um eine Katze und nicht um einen Kater handelt, schließen wir aus ihrer Farbe. Sie ist weiß und pink-farben. Wenn es ein Kater wäre, hätte die Petersburger Strickerin mit Sicherheit die Farbe schwarz gewählt. Wir hatten es schon einmal mit einem russischen Kater zu tun, und der war „riesengroß wie ein Eber, rußschwarz, rabenschwarz, mit verwegenem Kavalleristenschnurrbart“. Das war Behemoth, der Kater in Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“. Der wollte sogar bezahlen, als er in die Straßenbahn stieg. Nicht dass ein Kater überhaupt in eine Straßenbahn stieg, fand die Schaffnerin merkwürdig, sondern dass er zahlungsfähig und zahlungswillig war. Dass war im Russland von Michail Bulgakow ungewöhnlich.

Unsere Mieze lebt ein bescheidenes Leben, denn mein Mann hat sie in die hinterste Ecke des Schrankes verbannt. Als wir ein Werbeplakat mit Karl Lagerfelds weißer Birmakatze Choupette am Potsdamer Platz sahen, fiel uns unsere Mieze wieder ein.

Werbung am Potsdamer Platz für den neuen Opel Corsa mit Karl Lagerfelds Katze. Foto © Rose Wagner

Werbung am Potsdamer Platz
für den neuen Opel Corsa mit Karl Lagerfelds Katze.
Foto © Rose Wagner

Anders als Choupette führt sie kein Luxusleben und ist nicht wählerisch bei den Mahlzeiten, die es ohnehin nicht gibt. Dennoch wird unsere Mieze sich nicht beklagen. Sie hat ein warmes Plätzchen und ihre Ruhe. Sie trägt einen exklusiven Pelz und muss trotzdem keine Werbung für den neuen Opel Corsa machen. Und wenn überhaupt, wird sie mit der Tram fahren.

Titelbild: Gestrickte Katze aus Sankt Petersburg. Foto © Rose Wagner